Manches kannst du nicht alleine lernen

Seit einigen Jahren engagiert sich der Dienstbereich Sozialpädagogische Familienhilfe in einem Projekt zur Berufsfindung. Bei "JobCoach" kümmen sich ehrenamtliche Paten um Schulabgänger. Was kann JobCoach bewirken? Koordinator Heinz-Dieter Thomas sich mit einem Tandem getroffen, das ihm einen Einblick in den Weg einer erstaunlichen Veränderung gegeben hat. Er hat Jutta Berg aus Möglingen und Dominik Speck interviewt, die miteinander Stationen der Berufsfindung gegangen sind.

Die Zusammenarbeit mit deinem Jobcoach Frau Berg läuft schon ganz schön lange. Seit wann genau?

Dominik: Das ist schon eine ganze Weile her, es begann vor 3 bis 4 Jahren in der achten Klasse an der Hanfbachschule in Möglingen.

Wie ist eigentlich dieses Tandem entstanden, wie kamen beide zusammen?

Dominik: Über die Schule, da kam die Lehrerin zu mir und hat gesagt: Hier gibt's Jobcoach und du bist jetzt einer von den Glücklichen, die einen Coach haben können. Willst du es machen, ja oder nein. Daraufhin habe ich Ja geantwortet. Dann hat sie noch den Tag des Treffen bekannt gegeben. Und dann hieß es noch, der Dominik bekommt ein ganz junges Ehepaar als Coaches. Frau Berg: Das war das erste was Dominik angemerkt hat, dass das doch gar nicht mehr so stimmt mit dem ganz jungen Ehepaar.

Die Lehrerin war der Ansicht, du seist einer der Glücklichen, die einen Coach haben. Würdest du das auch so sagen?

Dominik: Ja, würde ich auf jeden Fall selbst auch sagen.

Was ist denn gelaufen, wie ist dein Werdegang bis jetzt?

Dominik: Ich habe erst mal keinen Abschluss an der Hanfbachschule bekommen. Den Hauptschulabschluss habe ich dann ein Jahr später an der Carl-Schaefer-Schule in Ludwigsburg gemacht. Und dann habe ich eine Ausbildung gesucht. Frau Berg: Es war so, dass wir über den Büchsenmacher, Gärtner, Zimmermann alles Mögliche versucht haben. Dominik war auch bei einer Firma in Markgröningen bei einem Landmaschinenmechaniker. Da kam er zurück und hat gesagt: Das ist zu schwer, diese Fahrzeuge sind ihm definitiv zu groß.

Wie ging es weiter?

Frau Berg: Insgesamt haben wir ungefähr 20 Bewerbungen geschrieben und verschickt. Da mussten wir etliche Enttäuschungen hinnehmen.

Und jetzt?

Dominik: Und jetzt habe ich eine Lehrstelle bei einer Schlosserei und bin Lehrling. Frau Berg: Und diese Lehrstelle hat er sich alleine gesucht.

Wie kam das?

Dominik: Bewerbung geschrieben, hingeschickt, auf Antwort gewartet, drei Tage Praktikum gemacht und dann wurde meiner Bewerbung zugestimmt. Das ging alles sehr schnell. Ich habe eine Woche später schon den Vertrag unterschrieben. Inzwischen habe ich auch einen Schweißkurs erfolgreich bestanden

Das ist eine lange Zeit der Zusammenarbeit. Würdest du die Zusammenarbeit als erfolgreich bezeichnen?

Dominik: Ja, das ist für mich ein Erfolg.  Wir haben zusammen Bewerbungen geschrieben haben. Ich hatte darin keine Erfahrung. Ich habe zuvor noch nie eine Bewerbung geschrieben.Ich habe gelernt, wie man Bewerbungen schreibt, wie man zum Chef ist, wie man mit ihm spricht, wie man Haltung einnimmt. Frau Berg: Wir haben Vorstellungsgespräch gespielt. Ich war der Chef, er kam rein und dann haben wir das ganze Programm abgespult. Ständiges Training. Das ging soweit, dass Dominik bei einem nächsten Treffen hereinkam, sich hinter seinen Stuhl gestellt hat und gefragt hat: Darf ich mich setzen? Ich entgegnete, warum fragst du? Dominik antwortete: Das habe ich doch letzte Woche gelernt.

Wie oft haben sie sich getroffen?

Dominik: Ich habe die Treffen nicht gezählt, aber sehr oft. Frau Berg: Am Anfang hatten wir jede Woche, später dann 14-tägige Treffen gehabt und jetzt so alle anderthalb Monat mal ein Treffen.

Wenn du jetzt an der Hanfbachschule mit anderen Schülern über JobCoach sorichst, was würdest du ihnen empfehlen?

Dominik: Nimm es an, es ist die Chance deines Lebens. Du wirst es brauchen. Du wirst immer jemanden brauchen, der dir seine Erfahrung weitergibt. Manches kannst du nicht alleine lernen. Auch wenn deinen Eltern dich unterstützen, ist es gut, noch jemanden zu haben, der von außen kommt und einem weiterhilft.

Wie lange wird eure Zusammenarbeit noch bestehen?

Dominik: Mein Wunsch wäre, dass es nie endet. Offiziell wird es als JobCoach Begleitung schon mal enden, spätestens, wenn ich mal arbeite. Es wird aber wahrscheinlich immer noch Treffen und Gespräche mit Frau Berg geben. Es sind inzwischen auch keine Treffen mehr, bei denen wir über Bewerbung oder Ausbildung reden- Wir reden über Anderes, alles Mögliche, was in der Welt so geschieht. Die Treffen bedeuten mir etwas. Ich muss ehrlich sagen, ohne Frau Berg wäre ich nie zu dem geworden was ich jetzt bin. Es ist ein Teil meines Lebenswegs, auf den ich nicht verzichten möchte.

Frau Berg, ich kann Ihnen abspüren, dass Sie diese Aussage anrührt. Was ist für Sie das Besondere?

Frau Berg: Für mich ist das Besondere dass es ein junger Mann war, der vor der Türe stand. Nicht so selbstsicher war, am Anfang. Das hat sich von Mal zu Mal geändert. Dominik: Für mich hat sich meine Selbstsicherheit verbessert und aufgebaut. Ich habe das Selbstvertrauen wieder gefunden. Ich war nämlich mal ganz unten. Frau Berg: Er war immer ganz ruhig, ganz höflich und zuverlässig, aber auch sehr zurückgenommen. Das hat sich sehr geändert. Als ich dich kennengelernt habe, hat man dich gar nicht gesehen. Wie du dich entwickelt hast, das ist eine wahre Freude.

Herzlichen Dank, Ihnen beiden für Ihre Offenheit.

Februar 2020/sch