Positiv über Pflegeberuf sprechen

Bei einem Fachgespräch mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erörterten Vertreter von ambulanten und stationärer Pflegeeinrichtung akute Themen des Pflegealltags. Bei dem einstündigen Treffen im Haus am Sonnenfeld in Sachsenheim verwiesen der Geschäftsführer der Diakonie- und Sozialstation Ludwigsburg, Thomas Schickle, und sein Sachsenheimer Kollege Lothar Kämmle, auf niedrige Ausbildungszahlen.

Geschäftsführer Thomas Schickle (li.) im Austausch mit Bundesminister Jens Spahn (re.)

Aus Spahns Sicht leide die Pflege an einem – auch selbstverschuldeten – Imageproblem. Es werde zu viel geklagt. „Wenn eine Million Beschäftigte jeden Tag positiv über ihren Beruf sprechen, bringt das mehr als jede Kampagne.“ In den vergangenen dreieinhalb Jahren, also in seiner Amtszeit als Gesundheitsminister, „haben wir in der Pflege mehr gemacht als in 20 Jahren zuvor“, meinte der Minister. Allerdings räumte er ein: „Wir sind auf dem Weg, aber noch nicht angekommen.“

Dass der Personalmangel tägliche Realität ist, verdeutlichten die anwesenden Pflegedienstleitungen. Die Dauerbelastung sei nicht wegzudiskutieren. . Die Arbeit sei nicht nur körperlich anstrengend. „Auf einer Tour habe ich Umgang mit 20 Leuten, und auf jeden muss ich individuell eingehen – das ist es, was uns ständig schlaucht.“

Hinzu kommen die stark gestiegenen Anforderungen an Praxisanleitungen. Nach den Vorgaben des neuen Rahmenplans für die Pflegeausbildung werden Auszubildende von Mentoren begleitet. Der Zeitaufwand gegenüber der früheren Ausbildung habe sich dadurch vervierfacht.

Häufig werden ausgebildete Fachkräfte von Zeitarbeitsfirmen abgeworben, die nicht an Tarife gebunden seien und mit besserer Bezahlung lockten, erklärt Gabriele Blume. Sie ist Vorsitzende der Evangelischen Altenheimat, dem Träger des Pflegeheims Sonnenfeld. Diese Praxis verschärfe den Personalmangel zusätzlich, „die Dienstpläne sind ohnehin schon mit heißer Nadel gestrickt“.

Ein Verbot von Zeitarbeit könne das Problem wahrscheinlich nicht lösen, entgegnet Spahn, „dann geraten wir in Untiefen“. Der Pflegeberuf müsse generell attraktiver werden. Mit dem „Sofortprogramm Pflege“ etwa will die Bundesregierung 13000 neue Jobs in der Altenpflege schaffen. „Davon sind 4000 Stellen noch nicht besetzt“, so der Minister.

Jens Spahn hat aufmerksam zugehört und Interesse an einem offenen Austausch gezeigt. Dennoch verdeutlicht der Besuch vor der Bundestagswahl: In der Pflege sind nach wie vor viele Baustellen offen.