Vergessen wird zum Teil des Lebens

An der Eröffnung der „Woche des Lebens“ in der Ludwigsburger Stadtkirche mit dem evangelischen Landesbischof Frank Otfried July beteiligten sich Mitarbeitende der Diakonie- und Sozialstation Ludwigsburg.

Bischof Frank O. July (rechts) eröffnete in Ludwigsburg die Woche für das Leben (Bild: H. Wolschendorf)

An dem ökumenischen Gottesdienst nahmen eine Besucherin der Tagesstätte Lebensgarten in Neckarweihingen, eine Angehörige aus der Alzheimer Angehörigengruppe sowie Mitarbeiterinnen teil, die im Gespräch mit July Einblicke in die Krankheit vermittelten.

Der Gottesdienst ist hier auf youtube verfügbar

Eine Betroffene, die vor anderthalb Jahren feststellte, dass ihr Mann immer vergesslicher wurde, schilderte, wie im Sommerurlaub er damals zum Teil die Orientierung verloren habe, obwohl er sich auf unbekanntem Terrain bis dahin immer gut zurechtgefunden habe. „Auch die Dinge des täglichen Lebens funktionierten bei ihm irgendwann nicht mehr so wie früher.“ Der Gang zum Neurologen brachte Gewissheit, es wurde eine Demenz diagnostiziert. „Wir müssen immer noch viel dazulernen“, erzählte die Ehefrau. „Aber wir sind noch nicht bereit, zurückzustecken.“ Eine weitere Hilfe sei der Besuch einer Demenzgruppe, in der sie sich mit anderen Angehörigen austausche. „So erhält man wichtige Hinweise. Ich habe zum Beispiel gelernt, mir regelmäßig Pausen zu gönnen.“ Nach der Diagnose stünden die Angehörigen häufig unter Schock, berichtete Karin Wintterle, Leiterin der bei de Diakonie- und Sozialstation Ludwigsburg angesiedelten Alzheimer-Angehörigengruppe. Sie vermittelt nicht nur Wissen über das Krankheitsbild, sondern informiert auch darüber, wie die Angehörigen mit Krankheitsschüben umgehen und Hilfen in Anspruch nehmen können.

Wintterle zitierte aus den schriftlichen Erfahrungen eines Teilnehmers der Gruppe, der seine Frau seit zehn Jahren pflegt. In dieser Zeit habe er viel gelernt, auch vieles korrigieren müssen. Die kognitiven Fähigkeiten seiner Frau nähmen langsam und stetig ab. Das hindere die beiden aber nicht daran, gemeinsam zu leben, zu lachen und zu weinen. Eine Betroffene ermöglichte Einblicke in ihre eigenen Erfahrungen mit der Krankheit. Es sei beunruhigend, immer vergesslicher zu werden, berichtete sie und verhehlte nicht, dass ihr diese fortschreitende und unaufhaltsame Entwicklung auch große Angst mache.

Halt und Struktur im Alltag habe sie in ihrer Tagesgruppe gefunden. Sie führe ein Tagebuch, in dem sie alles Mögliche festhalte. „Wenn ich morgens aufwache und nicht mehr weiß, was am Tag vorher war, kann ich in meinen Notizen nachschauen. Dann fällt mir auch alles wieder ein und ich danke Gott dafür.“ Die 80-Jährige betonte, wie viel ihr zwischenmenschliche Zuwendung bedeutet. „Ich bin dankbar dafür, dass es Menschen gibt, die mir die Hand reichen.“

Die Woche des Lebens fand bis zum 7. Mai statt. Bei der gemeinsamen, bundesweiten Aktion der evangelischen und der katholischen Kirche stand  in diesem Jahr das Thema „Mittendrin.
Leben mit Demenz“ im Fokus.