Verständigung mit Händen und Füßen

Seit einigen Wochen hat die Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) ein neues Arbeitsfeld übernommen. Als so genannte Jugendwohngemeinschaft begleitet ein Team aus momentan sieben Sozialarbeiterinnen und einer DHBW-Studentin unbegleitete und bei der Aufnahme noch minderjährige Ausländer (umA). Die Jugendlichen im Alter von 16 bis 18 Jahren kommen aus Syrien, Afghanistan und Pakistan. Sie leben zusammen in Wohngemeinschaften in Ludwigsburg und Möglingen. Vera Braun, Sozialpädagogin der SPFH, berichtet: „Die Aufgabe glich einem Sprung ins kalte Wasser. Nachdem wir die Betriebserlaubnis erhielten, hatten wir knapp zwei Wochen Zeit, um die Wohnung der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Ludwigsburg einzurichten, eine Konzeption auszuarbeiten, den finanziellen Rahmen zu klären und Termine mit den zuständigen Kooperationspartnern zu vereinbaren“. Ende Oktober war es soweit. Die ersten Jugendlichen wurden abgeholt. Bis dato waren sie in der örtlichen Inobhutnahme-Gruppe oder einer anderen Jugendhilfemaßnahmen untergebracht. „Sie hatten eine Plastiktüte mit ihren Habseligkeiten unter dem Arm und ein Lächeln im Gesicht. Die Freude war groß, nun endlich nach Wochen oder Monaten auf der Flucht, an einen Ort zu kommen, an dem sie vorerst bleiben können“, beschreibt Vera Braun die Situation. Inzwischen sei ein wenig Alltag eingekehrt, die Jugendlichen besuchen die Schule oder den von Kolleginnen angebotenen Deutschkurs. „Sie lernen sehr schnell und die Verständigung funktioniert von Tag zu Tag besser. Wir unterhalten uns auf Deutsch- und wenn das nicht ausreicht auch mal mit Händen, Füßen oder einer Übersetzer-App“, sagt die Sozialarbeiterin. Darüber hinaus würde gemeinsam Alltagsstrukturen besprochen, der Umgang mit Konflikten oder dem deutschen Gesundheitssystem. „Die Stimmung im Team ist gekennzeichnet durch Offenheit, Humor und Neugier auf beiden Seiten. Die Jugendlichen lernen Plätzchen und Lebkuchen kennen und wir werden zu aloo mit chapati (würzigem Kartoffelgemüse mit Fladenbrot) eingeladen“, freut sich Vera Braun. Erwin Burkhardt, Bereichsleiter der Sozialpädagogischen Familienhilfe, bereitet sich auf den Ausbau der Arbeit vor:„Wir wurden fast über Nacht vom bisher ambulanten Träger der Familienhilfe zum nun auch stationären Träger. Aufgrund des großen Bedarfs ist eine Erweiterung auf weitere Jugendwohngemeinschaften in und um Ludwigsburg zeitnah absehbar.“ Wie es für die bisher aufgenommenen Jugendlichen weitergehen wird, sei derzeit noch unklar. Sie sind zumeist mehrere tausend Kilometer von ihren Familien getrennt, möchten die Erinnerungen an die Erlebnisse in ihren Herkunftsländern und der Flucht vergessen und in Deutschland bleiben. Die Asylanträge wurden gestellt und würden nun im Einzelfall geprüft. Der Ausgang sei jedoch offen. Geschäftsführer Thomas Schickle hat bereits die Suche nach weiterem Betreuungspersonal forciert. Der Dienstbereich der Sozialpädagogischen Familienhilfe werde deutlich vergrößert. „Wir werden in den nächsten Wochen zusätzlich fünf bis sechs Sozialpädagogen einstellen“. Februar 2016