Sozialstationen im Kreis wollen osteuropäischer Pflegekonkurrenz Paroli bieten

Veröffentlicht am 15.07.2005
in Ludwigsburger Kreiszeitung

Veröffentlicht am 15.07.2005

Sozialstationen im Kreis wollen osteuropäischer Pflegekonkurrenz Paroli bieten

Kooperationsverträge mit Sindelfinger Stiftung senken Kosten für Rund-um-die-Uhr-Versorgung - Nachfrage wächst stetig

Osteuropäischen Pflegekräften auf dem hiesigen Arbeitsmarkt Paroli bieten wollen mehrere Sozialstationen im Kreis. Sie arbeiten mit einer Sindelfinger Stiftung zusammen, bei der Betreuungskräfte aus Ostdeutschland angestellt sind.
Der Konkurrenzkampf im Pflegebereich ist hart. Deutsche Fachkräfte konkurrieren immer mehr mit Menschen, die aus Osteuropa kommen und hier Pflegebedürftige versorgen. 'Wir müssen ein Alternativangebot zu polnischen Pflegekräften bieten', sagt Klaus Hägele, Geschäftsführer der Remsecker Diakoniestation. 'Nicht okay' findet er, dass es einerseits viele arbeitslose Krankenschwestern gebe, während andererseits Pflegekräfte aus Osteuropa angestellt seien, ohne Steuern und Sozialversicherung zu bezahlen - 'das passt nicht zusammen'.
Deshalb hat die Remsecker Diakoniestation kürzlich beschlossen, gegenzusteuern. Ein Kooperationsvertrag mit der Sindelfinger Stiftung 'Innovation und Pflege' soll von August an die 24-Stunden-Betreuung von Patienten übernehmen. Hinter der Stiftung steht die ökumenische Sozialstation Sindelfingen. Bei ihr sind in erster Linie Pflege- und Betreuungskräfte aus Ostdeutschland angestellt, die dringend auf Arbeitssuche sind. Der Wettbewerbsvorteil der Stiftung ist in erster Linie der Preis: Sie hat einen Haustarifvertrag abgeschlossen und bezahlt niedrigere Löhne.
Weiterer Vorteil: Die Stiftung ist in der gesamten Region Stuttgart im Einsatz. Deshalb hat sie eine wesentlich größere Nachfrage als einzelne Sozialstationen, für die ein 24-Stunden-Dienst personell kaum zu leisten wäre. Die Mitarbeiter ziehen für eine bestimmte Zeit (meist wenige Wochen) zu ihren Patienten nach Hause, helfen ihnen dort beim Aufstehen, Kochen oder Einkaufen. Den medizinischen und pflegerischen Teil übernimmt nach wie vor die jeweilige Sozialstation.
Eine solche Rundum-Versorgung kostet zwischen 3500 und 5000 Euro monatlich. 20 Sozialstationen in der Region arbeiten bereits mit der Sindelfinger Stiftung zusammen. Neben Remseck auch die Diakoniestation Ditzingen und - ebenfalls zum 1. August - die Vaihinger Sozialstation.
'Die Nachfrage ist bei uns sprunghaft angestiegen', erläutert Reinhard Findeisen, Betriebsleiter in Vaihingen. Vor allem, wenn pflegende Angehörige in Urlaub gehen, ältere Menschen früh aus dem Krankenhaus entlassen werden oder Senioren nicht in ein Heim wollen, käme diese Variante infrage.
Laut Findeisen haben bei einer Befragung im vergangenen Jahr zehn bis 20 Patienten grundsätzlich Interesse an Ganztagespflege bekundet. Wie groß der tatsächliche Bedarf ist, sei aber nur schwer abschätzbar. 'Interesse und Vertragsabschluss sind zwei paar Stiefel', sagt sein Remsecker Kollege Klaus Hägele.
Fest steht für die beiden vor allem eines: Ohne die Kooperation wäre das Angebot wesentlich teurer. Findeisen: 'Im Hinblick auf die Konkurrenz aus Polen stellt das Modell eine Reaktion auf legalem Weg dar.'
Markus Klohr



Die Online-Publikation dieses Artikels erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Ludwigsburger Kreiszeitung

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